Mit Fahrrad Tandem Hase Pino durch Europa

Mit Fahrrad Tandem Hase Pino durch Europa

Nun sind wir in Island, am Sprung von Europa nach Amerika, angelangt. Wie ist es uns – und an dieser Stelle wohl genauso wichtig: Loki, unserem Tandem Hase Pino – die letzten zehn bis elf Wochen ergangen?

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Zur Erinnerung: Wir sind Claudia und Peter, die innerhalb von etwas mehr als zwei Jahren von unserer Heimat Österreich nach Brasilien (und zurück) radeln möchten.

Zu den wichtigsten Faktoren in unserem Tourenradler-Dasein zählen das Wetter, die Nahrungsversorgung, die Übernachtungsmöglichkeiten und die Entfernungen zwischen diesen sowie schließlich die Finanzierbarkeit von all dem. Um das und noch vieles mehr wird sich dieser Beitrag drehen. Im Zeitungswesen sagt man ja: “only bad news are good news”, damit können wir leider nicht dienen, denn zum Glück blieben wir von spektakulären Unfällen und ernsthaften Gebrechen bisher verschont, mehr dazu aber weiter unten.

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In puncto Geld sei vorausgeschickt: Wir entschieden uns gegen das Umwerben potentieller Sponsoren und standen vor Antritt unserer Reise eher am Beginn unserer Karriereleiter, weshalb wir ein beschränktes Budget haben. Aus diesem Grund versuchen wir möglichst günstig zu leben.

Die größten Ausgaben auf Reisen umfassen erfahrungsgemäß Fortbewegung, Unterkunft, Verpflegung und Einmalausgaben (wie Souvenirs und andere Shoppinggüter). Besonders als Tourenradler hat man beschränkte Transportkapazitäten, weshalb letztere Ausgaben ohnehin auf (fast) Null reduziert werden.

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Bei der kulinarischen Versorgung setzen wir auf günstige Waren, meist aus Supermärkten; wir gehen nicht essen, setzen uns nicht in ein Kaffeehaus und gönnen uns keinen Eisbecher – und natürlich haben wir einen Campingkocher dabei, in unserem Fall mit Gas betrieben, der uns bei der Zubereitung der unter Radfahrern beliebten Pasta mit Tomatensauce hilft.

An Gastgebern mangelte es uns bisher kaum: Couchsurfing.org ist wohl den meisten ein Begriff, speziell für Radfahrer gibt es die Plattform Warmshowers.org, über welche sich Radfahrer/-innen gegenseitig Unterkunft gewähren; von Österreich bis Großbritannien fanden sich zahlreiche liebenswerte Menschen, die uns für eine oder mehrere Nächte aufnahmen und nicht selten auch kulinarisch verpflegten. Bei sinkender Gastgeberdichte in Irland und Island erhöhte sich der Bedarf an alternativen Übernachtungsmöglichkeiten. In unserem Fall war dies Wildcampen, was wir viele Nächte und bei jedem Wetter praktizierten. Als Zelt wählten wir übrigens die Luxusvariante für drei Personen mit 210 mal 190 cm Grundmaßen und 145 cm Höhe, was wir trotz hoher Masse (von ca. 4 kg) und großen Packmaßes noch nicht bereuten.

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Die Fortbewegung schließlich hält man als Tourenradler “systembedingt” ohnehin kostengünstig: Bis auf Fähren, Ersatzmaterial und Reparaturen sollten keine größeren Ausgaben anfallen.

Unser Weg führte bisher von Österreich (Mödling nahe Wien) etwa die Donau entlang bis Passau, quer durch Bayern nach München und Schwangau. Unverhofft kommt oft: Auf der Etappe zum Schloss Neuschwanstein bot uns ein Einheimischer, der wohl sah, dass wir an jenem Tag bereits recht erschöpft strampelten, für einige Kilometer eine Mitfahrgelegenheit auf seinem Anhänger an. Über die Schweizer Seite des Bodensees und den Rhein entlang kamen wir bis Straßburg. Nach etwa 1500 km Reise lockerte sich einer unserer Flaschenhalter – zum Glück, wie sich herausstellte, da wir danach zum ersten Mal sämtliche Schrauben inspizierten und drei (natürlich an der Unterseite des Gestänges befindliche) kurz vor dem Verlust retteten. Seitdem kontrollieren wir die meisten Teile in regelmäßigen Abständen.

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Durch das Elsass und Lothringen gelangten wir über das Saarland und Luxemburg nach Belgien. Dort bekam unsere Kette nach über 2000 km eine erste richtige Reinigung samt Schmierung. Nach jedem Ölen der Kette ist deren Spannung nachzustellen, wie wir mittlerweile wissen.

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In Brüssel gönnten wir uns am 26. Tag unserer Reise den ersten radlosen Tag, was dort verkehrsbedingt auch besser ist. Generell präsentierte sich uns der Süden Belgiens einschließlich der Hauptstadt (etwa Wallonien) nicht gerade radfahrerfreundlich. Ähnlich verhält es sich mit der Schweiz und Luxemburg, wo die Infrastruktur für Radfahrer nach unserer Ansicht nicht mit den finanziellen Möglichkeiten einhergeht. Im Gegensatz dazu stehen etwa der Norden Belgiens (Flandern) und die Niederlande; hier gibt es ein Netz an Knotenpunkten für Radfahrer – siehe www.fietsnet.be -, allerdings sollte man sich bereits vor der Fahrt überlegen, welche Punkte man abfahren möchte, da Übersichtskarten recht rar sind.

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Schließlich gelangten wir nach Rotterdam. In jener Stadt fanden wir heraus, dass selbst in Holland nicht so einfach ein Service für unser Tandem (trotz Voranmeldung) zu bekommen ist. So mussten wir auf dieses und den dringend benötigten Austausch eines Kettenblattes, welches selbstverschuldeter Weise stark abgenutzt war (durch mangelhafte Einstellung und fehlerhafter Benutzung der Schaltung nach zahlreichen Berg- und Talfahrten) bis Großbritannien warten.

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Als nächstes versagte nach ungefähr 2300 km unser Radcomputer. Wie wir erst viel später herausfanden, hatte sich das Kabel an einem Metallteil des Rades abgewetzt. So lange wir für die Diagnose brauchten, so schnell und denkbar einfach war das Gebrechen mit Hilfe eines Isolierbandes, einer Schere und einer Zange behoben.

Ein kleiner Mangel, den wir an Loki festgestellt haben, ist, dass er nicht über Wasser fahren kann und wir deshalb für das Übersetzen von Hoek van Holland nach Großbritannien (Harwich, England) auf ein anderes Transportmittel umsteigen mussten. Wir verzeihten dies aber gerne, da die Fährfahrt mit dem Tandem keinerlei Problem darstellte, wir durften sogar vor allen motorisierten Fahrzeugen auf das Schiff. Ähnlich einfach verlief es von Wales (Pembroke Dock) nach Irland (Rosslare) und von Nordirland (Belfast) nach Schottland (Cainryan); die Fahrten buchten wir jeweils wenige Tage zuvor online.

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Das erste Service auf der Reise bekam unser Hase Pino nach etwa 3000 km in Wales, wo – wie oben erwähnt – ein Kettenblatt ausgetauscht wurde. Außerdem waren die Bremsbeläge der Scheibenbremsen verschlissen und wurden ersetzt. Von diesen Belägen sollte man immer zwei Ersatzpaare dabei haben, wir mussten sie für das Service nämlich selbst besorgen.

Seit Irland tragen wir unsere Regenkleidung fast jeden Tag, wir haben jeweils eine Softshell-Jacke (keinen Radponcho wegen Windes und Schweißundurchlässigkeit), eine Regenhose für Radfahrer (wichtig ist, dass sie im Bereich der Knöchel gut anliegt) und Regenüberschuhe für Radfahrer. Besonders die Schuhe werden beim Vordermann (in unserem Fall bei der Vorderfrau) bei längeren Regengüssen trotzdem nass – ein Problem, das wir bisher nicht lösen konnten.

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Unser rechtes Schaltkabel ließen wir nach 3700 km austauschen, da wir (rechtzeitig) deutliche Verschleißerscheinungen bemerkten. Nach 4000 km hatten wir den ersten platten Reifen – und da wir die dafür verantwortliche Glasscherbe nicht gleich fanden, folgte eine Stunde später der zweite und bisher letzte.

Ab Irland führten wir Nahrungsmittel für mehrere Tage mit uns und belasteten damit unser Gestänge etwas zu einseitig. Die Rechnung dafür bekamen wir in Schottland präsentiert: der Träger brach an einer Stelle und musste umgehend geschweißt werden, was bei einem Aluminiumgestänge nicht einfach, aber schaffbar ist, wenn man (auf Empfehlung eines Einheimischen) die richtige Werkstatt findet.

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Von Schottland flogen wir mit dem Tandem im Gepäck nach Island, wofür wir bereits kurz vor unserer Abreise aus Österreich zwei günstige Flüge buchten (Schottland – Island sowie Island – Kanada). Um den ersten davon anzutreten, mussten wir am 8. Juni in Glasgow sein, was wir ohne Schwierigkeiten schafften. Zwei kleine Hinweise zu Flügen: Campinggas darf nicht einmal im eingecheckten Gepäck mitgenommen werden und Tandems sind bei der Icelandair bis zu gewissen Maßen in einer Transportbox verpackt kein Problem. Das Hase Pino kann ohne Schwierigkeiten auf jene Abmessungen reduziert werden, dabei ist die Luft aus den Reifen zu lassen (so viel Luft drin lassen, dass man das Rad schieben kann und Luftpumpe für die Ankunft griffbereit halten!). Wir hatten das nötige (verzweifelte?) Verhandlungsgeschick, dass wir weiters nur den Sitz umklappen, den Lenker abnehmen und seitlich befestigen sowie die Pedale abmontieren mussten, steckten das Tandem aber nicht in eine Transportbox. Dies geschah zwar auf eigene Gefahr, jedoch glücklicherweise ohne jede Beschädigung. Wir hoffen nun, dass es beim Flug nach Kanada ähnlich einfach klappt.

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Abschließend noch ein paar Worte zur Navigation: Wir reisen ohne GPS (eigentlich mit GPS, jedoch auf einem “komplizierten” Tablet mit stets leerem Akku). Dies bescherte uns Extrakilometer, aber dafür sahen wir auch einige Orte, an welche wir sonst nicht gekommen wären. Manchmal kommen wir an Karten (so bekamen wir von Gastgebern alte Karten für England, Wales und Irland; in Island gibt es genügend Gratisfolder in Tourismusinformationen), häufig notierten wir uns auf einem Stück Papier grob die auf der Etappe zu passierenden Straßen- und Ortsbezeichnungen, fragten in Irland schon mal auf Polizeistationen nach dem Weg und kamen bisher irgendwie immer ans Ziel.

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Logischerweise, aber erstaunlicherweise nicht erheblich weichen unsere Gesamtkilometer vom ursprünglichen Plan ab: Für unsere Tour bis (einschließlich) Island veranschlagten wir 5200 km in elf Wochen. Geworden sind es mittlerweile 5400 km in knappen elf Wochen, also reisten wir sogar schneller als geplant. Jedoch hatten wir auch schon einige Änderungen unserer Radroute: etwa besuchten wir den Süden Irlands anstatt des Nordens oder wir nahmen in Island den Bus in den Osten, um von dort zurückzufahren anstatt relativ stationär um Reykjavik herumzuradeln.

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Nach diesen ersten beiden europäischen Reisemonaten können wir folgendes Fazit schließen: Das Hase Pino ist für weitere Strecken sehr gut geeignet, wenn es auch kleinere Abnützungen zeigt, wie es wohl auch jedes andere Rad bei dieser Beanspruchung an den Tag legen würde (und teils muss man sich erst an die richtige Nutzung gewöhnen). Wenn wir gerade nicht miteinander kämpfen, ist unser schlimmster Gegner der Wind, aber wir sind hoch motiviert uns ihm und uns der nächsten Etappe durch Kanada (von Ost nach West) und die USA (an der Westküste nach Süden) zu stellen.

Mehr finden sie auf: wecycletheworld.wordpress.com